Flyer-Text [siehe http://foerderverein-omg.de/OMG/BRENPUNKTOMG7.pdf]: --------------------------------------- Brennpunkt omg Donnerstag, 1. Maerz 2007 um 20 Uhr im Oskar-Maria-Graf-Gymnasium in Neufahrn, Keltenweg 5 Computer- und Internetsucht - Verloren in virtuellen Welten? Vortrag mit anschliessender Diskussion In vielen Familien sorgt der Computer fuer Konfliktstoff. Waehrend die Jugendlichen selbst vom Spielen oder Surfen gar nicht genug bekommen kann [sic!], zeigen sich die Eltern oft verstaendnislos und machen den Jugendlichen Vorwuerfe: "du haengst nur noch vor dem PC und machst nix anderes mehr... manchmal glauben wir schon, du bist suechtig...". Da jugendliche Taeter Konsumenten von gewalthaltigen Computerspielen waren, weisen eine Reihe von Politikern, Paedagogen und Medienvertretern Gewaltspielen eine erhebliche (Mit-)Verantwortung an Vorkommnissen wie an Schulen in Erfurt oder Emsdetten zu. Immer mehr Menschen, insbesondere Jugendliche, verlieren sich in diesem virtuellen Paradies der tausend Moeglichkeiten. Hierbei ist das groesste Problem, dass diese doch relativ neue Suchtform noch nicht als solche anerkannt wird. Unter einer Computersucht versteht man den zwanghaften Drang, sich taeglich (moeglichst oft, meist stundenlang) mit dem Computer zu beschaeftigen. Die Computersucht ist einer Internetsucht oder einer Spielsucht (Computerspiele) aehnlich. * Patrick Durner - Prop e.V. Freising - Medienpaedagoge, Fachkraft fuer Suchtpraevention * Thomas Kaspar - chip.de - Chefredakteur Community bei chip.de - eine der groessten Websites Deutschlands ----------------------------------- Bericht zum Vortrag von apic : [Die Powerpoint-Folien zu einer aelteren Version des Vortrags scheint es uebrigens auf http://www.rs.mossburg.org/gesund/computersucht.ppt zu geben, allerdings fehlen darin einige Sachen die am 1.3. praesentiert wurden, z.B. diverse Videos, Websites, ...] Ich treffe 10 Minuten verspaetet (mit Kevlarweste und mit mit Pest- hoernchen und Chaosknoten beklebtem Laptop) in der Aula des Oh-My- God-Gymnasiums ein und nehme relativ weit vorne (dritte Reihe oder so) rechts Platz. Ich kriege anfangs nur GPRS und das _sehr_ laggy und ausfallbehaftet. WLAN finde ich uebrigens leider keins - verdammt zurueckgeblieben diese Schule. ;-) Irgendwann nach 10 weiteren Minuten oder so tut dann auch UMTS. Ich versuche verzweifelt das Audiostreaming zum Rennen zu kriegen, aber das in meinen Laptop integrierte Mikrophon ist einfach zu schlecht - man hoert quasi nur mein Tippen gut, die Sprache des Referenten hingegen _viel_ zu leise bis gar nicht. :-( Ich gebe das Mitstreamen sehr schnell auf (falls es mal wieder so nen Event gibt verpeile ich es hoffentlich nicht so sehr wie nun, _vorher_ das Hardware-Setup zu testen ;-) und entschliesse mich spontan, den Vortrag live im IRC mitzutippen, auch wenn die Kevlar-Weste sehr hinderlich beim Erreichen der Tasten ist und ich aufgrund der hohen Geschwindigkeit, die ein Echtzeit-Mitschreiben erfordert, recht viele Typos mache und laengst nicht alles 100%ig erfassen kann. Dieser Bericht ist also in keinster Weise ein vollstaendiges Protokoll des Vortrages, sondern enthaelt nur lueckenhafte Ausschnitte. Ein Typ in der Reihe vor mir drehte sich uebrigens einige Zeit nach- dem ich intensiv zu tippen begann um und fragte "Was tippen Sie da eigentlich die ganze Zeit?". Ich erwiderte "Ich schreibe den Vortrag mit.", woraufhin er kurz nachdachte und schliesslich fragte "Hm, das ist aber recht nervig, nicht?", worauf ich schulterzuckend meinte "Ja.", und er sich wieder nach vorne wandte. All zu stoerend war das Tippgeraeusch IMHO nicht. Am Rednertisch sitzt nur Patrick Durner; Thomas Kaspar hab ich nicht identifizieren koennen. Moeglicherweise war das der Kasper (pun intended ;) der das ganze 'moderiert' hat, i.e. Herrn Durner manchmal Fragen gestellt hat und dann auch spaeter bei der Diskussionsrunde das Mikrophon im Publikum herumreicht; aber wirklich referiert hat nur Herr Durner. Anfangs (also nicht ganz zu Anfang des Vortrages, sondern zu Anfang des Teiles den ich mitgekriegt habe) geht es um die verschiedenen Typen von Computerspielen (Actionspiele, Adventures, Strategiespiele, Sportspiele etc.). Dann wird 'Second Life' naeher betrachtet. Hierzu zeigt Durner eine selbst erstellte 3D-Animation auf Youtube, die einen einsamen Computerfreak mit Sonnenbrille zeigt, der IRL im Rollstuhl sitzt, aber in virtuellen Welten Fallschirm springt oder so. Falls jemand das Video auf Youtube entdeckt, bitte Link schicken. Durner erzaehlt ueber fliessende Uebergaenge aus solchen virtuellen Welten heraus auf 'reale' Sites: "Das kommt immer mehr, dass wenn man sich in dieser Spielwelt bewegt auf reale Homepages verlinkt wird." [Nun habe ich einiges verpasst mitzuschreiben, z.B. ueber die virtuelle Waehrung Linden-Dollar, die man fuer echtes Geld kaufen kann.] "Wie gesagt ist es jetzt erstmal bisher eine den Erwachsenen vorbehaltene Welt, aber es gibt wohl schon eine Teen-Version von Second Life. Die hab' ich jetzt noch nicht kennengelernt. Aber auch da ist wohl einiges an Geld zu machen." "Gut, so viel zu den Rollenspielen." [...] "Es geht darum, dass man seinen Charakter ausstattet mit neuen Faehigkeiten et cetera." [...] "Was in dem Film noch gut rauskam: Ich schaffe mir meine Welt. Aber ich kann sie nicht greifen. Ich kann alles erreichen. Auch wenn ich im Roll- stuhl sitze." [...] "Man muss eben sich sein Reich aufbauen. Siedler ist da ein Beispiel, aber auch Warcraft 3 - es gibt da mittlerweile auch eine E-Sports-Liga. Also 'E' von 'Electronic Sports'. Die ist weltweit. Es gibt aber auch eine deutsche Liga." Dann erzaehlt er von professionellen Spielern im asiatischen Raum, die "60000$ im Jahr verdienen - nur mit Computerspielen - gesponsort von den grossen Firmen.". Er zeigt als Beispiel einen mit Metal-Musik untermalten Film, in dem zusammengeschnittene Recordings von Warcraft-3-Spielen zu sehen sind: "Das sind eben solche Profispieler." Rechts unten auf der Leinwand erscheint waehrend das Video laeuft ein Rechteck mit dem Text "Inaktive Benachrichtigungssymbole werden aus- geblendet...". "Also wie gesagt, in Korea sind da mehrere Profispieler schon zu finden. Es gibt dort drei Fernsehsender, die nichts anderes senden als Ueber- tragungen von solchen Spiel-Events." Dann erwaehnt er, dass es mittlerweile schon auch in Deutschland solche Sender gebe, etwa 'Games TV' auf Kabel Digital, oder 'Giga'; dass diese aber nicht so im "aktiven Spielprozess drin" seien wie in Korea. [...] "Dann gibt's natuerlich den grossen Sektor der Sportspiele - die meisten ohne Altersbeschraenkung - daher sind sie bei juengeren Spielern auch sehr beliebt. Auch dazu hammer'n Beispiel." Er zeigt ein Recording irgend eines mir unbekannten 3D-Skateboard-Spieles. "Also da sieht man die Grafik. Auf die Grafik wird sehr viel Wert gelegt. Auf den Sound wird sehr viel Wert gelegt. Und auf den Realismus. Also diese Motion-[?]-Technologie - wird erst seit 3 Jahren eingesetzt. Dass Bewegungsablaeufe realistischer Erscheinen." "Dann gibt es noch Puzzlespiele, Kartenspiele, Mahjong, Quizspiele, Pokerspiele, ..." "Natuerlich hamm unterschiedliche Spieler auch unterschiedliche Anforderungen - dementsprechend findet jeder Spieler so seinen Sektor wo er sich wohlfuehlt." [...] "Wenn die gegeneinander kaempfen, da kann wirklich ein Klick schon das Spiel entscheiden." Das erfordere natuerlich ungemeine Konzen- tration. "Dieses Denken" bei "diesen Aufbauspielen" bei denen man "einen Charakter in dem ich mich wohlfuehle, in dem ich mich wieder- finde" kreiert erforderten "Ausdauer, und eben Geduld". Dann zeigt er eine Statistik: Auf die Frage, wie haeufig Jugendliche den Computer als 'Spielinstrument' benutzten, "haben 56% der Jungs geantwortet: mehrmals pro Woche. Aber nur 16% der Maedchen spielen mehrmals pro Woche. Also ist es wirklich ein Sektor der von Jungs dominiert wird." [...] "Seit es Medien gibt, gibt es auch die Medienwirkungsforschung." Schon in der Vergangenheit, z.B. als "Schundromane" bzw. "Groschenromane" aufkamen "gab's gleichzeitig auch wieder eine Forschung die das unter- sucht hat". Dann erzaehlt er u.a. davon wie 'Die Leiden des jungen Werther' durch die dadurch verursachte "Selbstmordwelle" "klar eins der besonders hervorgetretenen Buechern in der Geschichte" gewesen sei. "Und somit gibt's natuerlich auch heutzutage Untersuchungen, was die Spiele beim Einzelnen bewirken. [...] Gibt es vielleicht sogar Nuzten durch Computerspiele?" "Weil es immer wieder von der BILD-Zeitung behauptet wird: Generell - machen Computerspiele fett und dumm und asozial? So wird es tatsaechlich von einem Wissenschaftler behauptet!" "Gehen wir kurz der Frage nach... Es gibt Risikogruppen. Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sind definitiv eine Risikogruppe. Dann Arbeitslose, Teilzeitbeschaeftigte, ... Menschen niedriger sozialer Statusgruppen... und Menschen ohne Lebenspartner." Als Quelle fuer diese Auflistung nennt er http://userpage.fu-berlin.de/~ahahn/autor/charite.pdf Daraufhin zaehlt er die Risikofaktoren auf, die auf http://visor.unibe.ch/WS00/Internet/protokolle/internetsucht.pdf zu finden sind. [Ich bin jetzt zu faul die an dieser Stelle nochmal abzutippen. :-] [...] "Schutzfaktoren... aehm..." [Er rutscht etwas auf seinem Stuhl herum und raeuspert sich.] "... gibt's auch." [...] "Das ist dieses sogenannte Suchtdreieck. Es gibt drei verursachende Faktoren fuer die Entstehung einer Sucht. Das ist die Person selbst, die Umwelt, und die Droge - was in dem Fall Computer und Internet darstellt. Schuetzen kann sich jemand gegen die Droge an sich nicht. Weil die ist [sic] existent. Die gibt's." Bzgl. der Person gebe es mehrere 'Schutzfaktoren': "Wenn ich kommuni- kationsfaehig bin, bin ich weniger gefaehrdet." 'Selbstwirksamkeitserwartung' helfe auch: "Ich krieg' meine Gefuehle auch so in 'n' Griff - und benutz' einfach den Computer als Freizeit- medium... Ein positives Selbstwertgefuehl. [...] Schutzfaktoren auf der koerperlichen Ebene waeren z.B. Unvertraeglichkeit... der bei zu viel Medienkonsum einfach Kopfschmerzen kriegt. Sportlichkeit insofern, weil, aeh... wer Sport treibt, der hat weniger Zeit... sich... aeh... vorm Rechner aufzuhalten." [...] "Praevention koennen Sie staerken. Die koennen Sie natuerlich auch als Eltern staerken. [...] Umwelt, aeh, Konsum... kulturelle Faktoren. [...] Aber das ist natuerlich kein Garant." "Mangelnde Verfuegbarkeit, das ist durch das Internet heutzutage eigentlich so gut wie ausgeschlossen. [...] Gutes soziales Netz. Also wer einen funktionierenden Freundeskreis in der Realitaet hat. Wer natuerlich seinen Freundeskreis immer mehr ins Virtuelle ver- legt, bei dem ist dann natuerlich schon Gefahrenpotenzial da." "Was machen Internetsuechtige hauptsaechlich? Sie spiel'n. Und zwar nicht Online-Casino-Spiele mit hohem Geldeinsatz. Sondern in der Regel Rollenspiele. Oder auch Shooter. Sie nutzen Kommuni- kationssysteme: Chat, Foren, ..." "Downloads werden auch noch genutzt. Genau! Aehm... es gibt dann gewisse Kriterien. Wie bei jeder Sucht gibt's auch fuer die Internet- sucht gewisse Kriterien, woran man erkennen kann dass jemand suechtig ist. [Es folgt ein Zitat der Praesentationsfolie, die Durner nun vortraegt, die ihrerseits wiederum aus "Kratzer, Silvia: Pathologische Internet- nutzung" zitiert:] 1. Beschäftigung mit dem Internet (daran denken), auch wenn man offline ist 2. Toleranzsteigerung: Immer mehr Zeit im Internet verbringen um zufrieden zu sein 3. Unfähigkeit den Internet-Gebrauch zu kontrollieren 4. Nervosität und Reizbarkeit bei dem Versuch Internet-Gebrauch zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten 5. Das Internet als Mittel/Weg um vor Problemen zu fliehen oder schlechtes Befinden (Hilflosigkeits- oder Schuldgefühle, Angst, Depression) zu bessern 6. Verheimlichung des Ausmaßes der Beschäftigung mit dem Internet vor der Familie oder Freunden 7. Gefahr oder Verlust von Arbeit, Ausbildungs- oder Karrieremöglichkeiten oder zwischenmenschlicher Beziehungen wegen der übermäßigen Beschäftigung mit dem Internet 8. Weiterführen der übermäßigen Beschäftigung mit dem Internet, auch wenn negative Folgen bekannt sind 9. Entzugserscheinungen im Offline-Zustand "Schweissausbrueche etc. Gerade bei Leuten wo was [Hardware] kaputt geht. Und es is' Samstag oder Samstag Abend, und man kann diese Teile nicht besorgen. Dann ist das auch Teil der Entzugserscheinungen." 10. Immer wieder länger Online bleiben als geplant "Mindestens sechs dieser Kriterien sollten ueber einen Zeitraum von drei Monaten vorliegen. Dann kann man von Internetsucht sprechen. Das ist jetzt noch kein offiziell anerkanntes Instrumentarium. Sondern ein Vorabinstrumentarium." Inzwischen werde aber disktutiert, im "IDSM-5" [sp?] auch die Internetsucht aufzunehmen. Dann stellt er die 'Praevalenzraten' vor: 3-6% der Bevoelkerung seien "als suechtig zu bezeichnen", 7-15% der Bevoelkerung "als gefaehrdet". "Meiner Meinung doch eine sehr grosse Zahl. Und Tendenz steigend." [...] Dann geht er auf die 'positiven Aspekte der Computernutzung' ein: "Spielerisches Lernen von Wissen - sog. Edutainment-Software - Software, bei denen [sic] man spielerisch 'was lernt - wird befuerwortet, auch das im Kindergarten einzusetzen. Davon geht man jetzt wieder langsam weg. Weil diese negativen Auswirkungen eben hoeher wirken." "Training der Hand-Auge-Koordination - wurde mal untersucht." "Training der [sic] Problemloesedenkens." "Training der Frustrationstoleranz und des Durchhaltevermoegens." "Katharsis - Katharsis heisst ich kann meine Aggressionen im Spielen loswerden. Davon geht man heute aber nicht mehr aus. Der Effekt ist mehr Ablenkung: Weil ich mich einfach gedanklich durch diesen Ablenkung verursachenden Faktor ablenke. Aber dass ich aggressive Handlungen vollfuehre heisst nicht dass ich weniger aggressiv bin." "Kompensation." "Kompetenz im allgemeinen Umgang mit Computern. Jemand der einen PC, seinen PC, selber bastelt, kennt sich natuerlich auch mit dem Medium besser aus." "Und Sprachen lernen durch weltweite Kommunikation: [...] durch Clans mit gemischten [internationalen] Teams." Daraufhin praesentiert Durner ein 'Zitat aus der Medienwirkungsforschung': "For some children, under some conditions, some television is harmful. For other children under the same conditions, it may be beneficial. For most children, under most conditions, most television is probably neither harmful nor particularly beneficial." -- Wilbur Schramm "Zusammenfassend: Medienwirkung ist ein multifaktorieller Vorgang. 'Killerspiele machen Amoklaeufer' ist so nicht haltbar. Es braucht mehrere Faktoren." "Suchtgefahr existiert, aber ebenfalls nur in Verbindung mit anderen Faktoren Computer nimmt eigenen Stellenwert in Ausbildung, Beruf und Freizeit ein" Er erzaehlt etwas vom befuerchteten Y2K Crash, der "damals die groesste Angst ueberhaupt" gewesen sei. "Wuerde das heute passieren, waer's natuerlich katastrophal." "Faszinationskraft des Mediums Computer für Jugendliche besonders groß", da sich Dinge "in einem geschuetzten Rahmen ohne negative Folgen zu spueren" ausprobieren liessen. "Auf lange Sicht" gaebe es allerdings dann doch "negative Folgen". Dann zeigt er einige Punkte, die die 'Bundespruefstelle fuer jugend- gefaehrdende Medien' nennt, anhand deren Sucht fuer Eltern erkennbar sei: * Neues Spiel hat besondere Faszinationskraft * Anfangs intensive Beschaeftigung flaut mit Bekanntheitsgrad ab * Intensive Beschaeftigung nicht automatisch Grund zur Besorgnis * Gesundheitliche Beeintraechtigungen (Schlafstoerungen, brennende Augen, Vernachlaessigung schulischer oder haeuslicher Pflichten sowie anderer Beduerfnisse (Sozialkontakte, Bewegung, Ernaehrung) deuten auf bestehende Probleme hin. "Sozialkontakte - wenn die natuerlich nur noch virtuell existieren und nicht mehr real, dann isses natuerlich problematisch." Was Eltern tun koennten: * Attraktive Alternativen zu Computer bieten * Kreative und sportliche Hobbies foerdern * Reale Erfahrungen ermoeglichen * Je juenger das Kind, desto noetiger elterliche Kontrolle * Juengere Kinder haben hoeheren Bewegungsdrang und geringere Konzentrationsfaehigkeit * Spiele fuer juengere Kinder leichter zu unterbrechen * Selbstaendigen Spielstopp bestaerken * Zeitliche Grenzen gemeinsam vereinbaren "Stecker ziehen ist mit das schlechteste was man machen kann." * Bestimmte Spiele durch die Spieldynamik schweirig spontan zu unterbrechen * Spielabbruch bei ungeloester Aufgabe kann gedanliche Weiterbeschaeftigung zur Folge habe * Deshalb vorher gemeinsam Grenzen verienbaren, damit Kinder lernen rechtzeitig das Spiel zu beenden "Man koennte z.B. vereinbaren, sagen wir... vier Stunden zu spielen... am Wochenende...". Das Publikum bricht in schallendes Gelaechter aus. [...] "Da gibt's immer neue Raeume. Und neue Levels. Und da muss man das auch vereinbaren: 'Nach dem Level ist Schluss!'" * Spielabhaengig laengere Spielphasen ermoeglichen "Dafuer eben seltener." * Spielpausen bei laengeren Spielphasen vereinbaren und bestaerken, damit reale Aufgaben realisiert werden koennen. "Wenn's Zimmer ausschaut wie Sau ist das natuerlich 'ne Jugendsache. Hausaufgaben etc. sind natuerlich auch so'n Faktor." [...] Dann erzaehlt er von den 'sieben goldenen Regeln', die "jetzt aus 'ner Broschuere stammen": "Ueber Drogen reden - das laesst sich natuerlich auch uebertragen auf dieses Medium." 1. Schaffen Sie eine gute Gespraechssituation. "Tuer auf, 'Mach das Ding aus', Tuer zu. DAS ist keine gute Gespraechs- situation." 2. Formulieren Sie ihre eigenen Sorgen klar. "'Mir faellt auf, dass du haeufig unausgeschlafen bist', usw." 3. Klaeren Sie die Situation, ohne "Gestaendnisse" zu erzwingen. "D.h. so lang drumrumreden bis der Jugendliche einsehen muss 'Ja, hasch' ja recht.' foerdert haeufig die Kontrabildung - also die Widerstandsbildung." 4. Lassen Sie sich nicht provozieren. "Wenn's um 'n Thema geht, dass der Erwachsene problematisch findet, der Jugendliche nicht." 5. Sprechen Sie ihren Umgang mit Suchtmitteln offen an. "Macht auch in dem Zusammenhang Sinn wenn's um Sucht geht. Macht ja nichts anderes aus zu sagen 'Ich bin erwachsen.'." 6. Lassen sie Informationen einfliessen, ohne ein "Expertengespraech" zu beginnen 7. Steuern sie ein gemeinsames Ziel an Quelle: Ueber Drogen reden, BzgA Nun erscheint eine Folie mit dem Text: "Bei Fragen wenden sie sich an eine (online)Beratungsstelle!" Daraufhin zeigt er die Website "http://snp.bpb.de/" im Firefox. Anschliessend verweist er auf einige weiterfuehrende Literatur und auf viele Links. Dann stellt der Moderator noch irgend eine Frage bzgl. Gewaltspielen, deren genauer Wortlaut mir allerdings entgangen ist, woraufhin Herr Durner meint, Verbote im Internet seien gar nicht so sinnvoll, "weil man das ja weltweit aufrufen kann". "Natuerlich klar, Thema Gewaltspiele ist immer aktuell. Es gibt hier auch Elternbroschueren zu dem Thema vom kopaed-Verlag. Die koennte ich Ihnen fuer 50 Cent das Stueck ueberlassen." Er wedelt mit einer gruenen Broschuere. [...] "Problematisch isses natuerlich, wenn einer schon negative Voraussetzungen mitbringt - eine Praeferenz fuer Gewalt. Der findet natuerlich genau das in Gewaltspielen wieder." [...] "Und wenn die Kinder besonders jung sind..." Der Moderator ergreift das Wort: "Ok, gibt's aus'm Saal fragen?" "Ich komm' gerne mit'm Mikro an die entsprechende Stelle." Die erste Frage aus dem Publikum lautet (gekuerzt): "Also zunaechst wuerd' ich gerne paar Beispiele hoeren ueber Gewaltspiele; die haben Sie naemlich gar nich' erwaehnt. Und ausserdem wird heute taeglich acht Stunden mit Computern gearbeitet. Also jeder Erwachsene sitzt davor, handelt bei eBay und so, [...] und trotzdem wird den Kindern erzaehlt es ist boese." Durner stimmt zu dass "jemand der bis 18 keinen Computer beruehrt hat keine Arbeitsstelle finden" wuerde. Beispiele fuer Gewaltspiele habe er bewusst aus dem Vortrag herausge- lassen, da sein Thema Internetsucht sei, und die Debatte ueber Gewalt- spiele meist sehr hitzig und daher sehr kontraer sei. "Koennen wir gerne hier auch fuehren, ist aber nicht mein Hauptthema. [...] Es gibt Counter Strike, es gibt sogenannte Ego-Shooter. Also auch auf dieser Internetseite snp.bpb.de koennen Sie Beispiele finden." Die naechste Person aus dem Publikum hat gehoert, "dass Spieler nur dann Gewaltspiele spielen, wenn in ihrem Gehirn das Zentrum fuer Mitleid fehle", und hat in Durners Vortrag eine Beschaeftigung mit dieser These vermisst. Durner aeussert, dass er Gehirnforschung "sehr kritisch" sehe. "Man hat andere Mittel und andere Grenzen - aber die sind nicht zu vergleichen mit realer Gewalt. Also es gibt ein Buch von Herrn Spitzer [sp?]. Das Buch ist sehr polemisch. Da heisst es wirklich: Computerspiele machen fett, dumm, asozial. Deswegen: Mit Hirnregionen kann ich nicht bestaetigen. Deswegen finde ich das mit der Hirnforschung sehr kritisch. Das ist mit der Hirnforschung alleine nicht zu erklaeren. Da sind psychische Prozesse auch noch im Spiel. Auch emotionale." Die naechste Frage lautet: "Noch zu den 12-Jaehrigen. Es hiess, dass die keine Gewaltspiele spielen sollen. Aber die sind doch indi- ziert. wissen Sie wie die da dann 'rankommen koennen?" Durner nennt aeltere, z.B. 16-jaehrige Brueder oder Cousins als Beispiele fuer Bezugsquellen solcher Spiele. Frage aus dem Publikum: "Darf der mit 16 das schon haben?" - "Das ist so bei der freiwilligen Selbstkontrolle. Es gibt Spiele, die sind mit 16 schon freigegeben." Als weitere Bezugsquelle nennt er Bekanntschaften, und "ueber's Internet natuerlich. Jemand, der sich einigermassen auskennt, kriegt ueber's Internet illegal jegliches Spiel der Welt. Mit saemtlichen Patches. Mit noch mehr Blut und Gedaerm." Naechste Frage: "Ich find' es sehr schwer wenn man vorher Zeiten fuer die Nutzung vereinbart - sehr schwer mit Vertrauen und Kontrolle - was ist ueberhaupt eine altersgerechte Nutzungszeit? [...] So wie sie's erklaert haben - wenn die erstmal in nem Level drin sind, dann... [...] Wenn ich vorher eine Zeit vereinbart habe... gibt's 'nen Programm dass wenn ich diese Zeit verbraucht habe, also kumuliert auf drei Tage, gibt's eine Software, womit sich dann nach drei Tagen der Computer automatisch 'run- terfaehrt?" Durner bejaht die Existenz einer solchen Software, z.B. "parents-friend.de". Damit sei auch "Jugendschutz" und "voellige Kontrolle" moeglich. Allerdings fuehre der Einsatz solcher Software meist dazu, dass die Kinder versuchen diese zu umgehen - was meistens zu Hardwaredefekten fuehre. Es koenne keine endgueltige Loesung sein, so eine Sperre als 'praeventives Mittel' einzubauen und nicht mehr zu kommunizieren. Die naechste Frage lautet in etwa: "Sind nicht Angststoerungen und Depressionen die tatsaechliche Ursache? Greifen diese Leute nicht nur deswegen zu Computern, um diese Probleme zu kompensieren?" Durner antwortet: "Risikofaktoren wie Angststoerungen und Depressionen beguenstigen das natuerlich. Es kann als Ausloeser einer kompensativen Stoerung entstehen. Und sowas muss behandelt werden, das ist klar. [...] Ich bin bei Prop e.V. in der Beratungsstelle, und da ist es oft so dass es eine doppelte Sucht gibt. Und dass die Sucht quasi nur die Auswirkung ist von einer tiefer liegenden Stoerung." Naechster Beitrag aus dem Publikum: "[...] Vorher hatten wir vereinbart 'eine halbe Stunde pro Tag'. [...] Ich weiss aber nicht, in welchen Levels der ist." [Grosse Teile dieser Frage sowie die Antwort darauf habe ich leider nicht mitprotokolliert. :-( ] Der naechste Fragesteller spricht die Problematik des 'Reizes des Verbotenen' an: "Ein 11-jaehriger, der muss unbedingt an ein Spiel ab 16 ''rankommen. Wie sollen die Eltern damit umgehen, [...] dass Kinder genau diese verbotenen Sachen haben wollen?" Durner stimmt zu, dass Verbote wie die von Beckstein geforderten die Auswirkung haben, "dass es um so interessanter wird". "Aber mit Kommunikation und elterlicher Praesenz geht da schon einiges." "Sie kommunizieren mit dem Jugendlichen und schauen sich an, was dabei fehlt." Ein weiterer Beitrag aus dem Publikum thematisiert die Problematik, dass Gewalthandlungen in Spielen nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich seien. "Ich hatte meinem Kind mal aus Versehen ein Gamecube-Spiel gekauft. Das heisst Turok. Da ging's um Dinojagd. [...] Dann stellte ich irgendwann mal fest, dass da eine Urwald- szene war, wo ein Urwalddorf war, wo sich Menschen mit Waffen gegenseitig abgeknallt haben. Durner erwidert, dass es in der Tat nicht reiche, das 'Titelblatt' zu sehen, um "zu sehen was man eigetlich" kaufe. Die naechste Frage aus dem Publikum lautet: "Wenn man jetzt den Eindruck hat, dass der Jugendliche suechtig ist - bleibt da was anderes ausser dass ich zum Psychiater gehe?" Sie habe zwar keine eigenen Kinder, aber trainiere eine Handball- mannschaft. [Oder war sie die Frau von einem Freund von einem Trainer der Handballmannschaft? Habe ich leider nicht genau mitgekriegt.] "Und da ist einer in der Gruppe, der laesst Trainings ausfallen schon und so." Auf Durners Rat hin, "unter Umstaenden mit den Eltern" Kontakt aufzunehmen, erwidert die Fragestellerin, dass die Mutter "da nicht so sei". Durner: "Die andere Moeglichkeit waere noch Prop e.V., also unsere Dienste. [...] Koennten Sie mal unverbindlich anbieten ob sich der junge Herr da mal bei uns vorstellt. [...] Also ich bin Medienpaedagoge, kenn' mich da ganz gut aus. Und mir sagen diese Spiele auch was." - "Ja, er spielt dieses Warcraft, wo er Schultern [?] und so erwirbt. Und Halskrausen." Der naechste Beitrag aus dem Publikum: "Sie sagen heute aus, dass die Leute, die so viel vor dem PC haengen, suechtig sind, und zeigen hier ein Bild, wie man ueber die goldenen Regeln wie man ueber Drogen redet. Ich fuehle mich jetzt wie ein Drogen- suechtiger. Ich fuehle mich wie eine Person die suechtig ist nach Drogen - genau! Ich check' das nicht! Ich fuehl' mich abgestempelt wie einer, der Drogen nimmt. [...] Also ich bin mit 12 an den Computer 'rangekommen, und ich hab' den Computer noch nie verlassen. Wenn ich nach Hause komme, mach' ich den Computer an, und erst abends wieder aus. Ich hab' mich mit 12 mit Filesharing beschaeftigt - also da ist wirklich alles drin. Also Pornographie und Mordszenen, man kriegt alles. Also da hat man auch irgendwie ein Machtgefuehl. Aber ich fuehle mich bisschen verarscht, weil ich mich mit Leuten eingestuft fuehle, die Drogensuechtig sind." Durner: "Ich habe jetzt nicht gesagt, dass _du_ drogensuechtig bist. Die Sucht ist aber aehnlich wie eine Drogensucht. Es gibt etwas, was du immer brauchst. Ohne das du nicht leben kannst. Und es gibt ja verschiedene Handlungssuechte. Wie die Esssucht. Und die Spielsucht. Und Kaufsucht. Und all das sind Suechte. Und so gibt es auch die Computersucht und die Internetsucht. Noch dazu: Die Zeit, die man im Internet verbringt, ist kein Indiz. Das ist ein Faktor von vielen." Die Person aus dem Publikum erwidert: "Also ich sitze echt viel vor'm Computer, aber ich hab' trotzdem meine Freunde - ich geh' am Wochenende weg. Aber trotzdem... ich bin in der evangelischen Kirche aktiv. Aber trotzdem... ich bin nicht... ich bin nicht suechtig. Ok, vielleicht bin ich's. [Kurze Pause.] Aber ich lasse mich trotzdem nicht als fett und asozial bezeichnen. [...] Ich weiss gar nicht, was ich machen soll. Uns Jugendlichen - wenn ich kein Musikinstrument spiele, oder nicht sportlich bin, was soll ich machen? Was wird uns angeboten? Wenn's mal regnet - was koennen wir dann machen? Uns mit Freunden treffen, ok. Aber es wird echt zu wenig angeboten, also... ja, ich geb' mal wieder ab." Durner: "Also mir gehts genau so: Ich finde es auch dumm, wenn jemand sagt, Computerspiele machen fett und asozial. Ich spiele auch schon seit Jahren. Aber ich bevorzuge reale Kontakte. [...] Wenn mir jemand im ICQ schreibt 'Lass uns mal ein Bierchen trinken', dann mache ich das natuerlich auch. Wenn jemand Sozialkontakte nicht hat, dann wird's kritisch." Gerade fuer Zwoelfjaehrige sei es extrem wichtig, "seine realen Erfahrungen zu machen". "Trotzdem gibt's eben Bereiche, die kritisch sind, und die muss man auch beachten." Auf eine Frage zum Thema Kinderpornographie antwortet Durner, es sei natuerlich auch ein Problem, wenn Beschraenkungen _nur_ mit "solchen Tools" moeglich seien: "Wenn der Jugendliche das umgehen kann, kann er sich alles holen. Das ist ein Problem. Es bedarf elterlicher Kontrolle. [...] Ich hab deswegen nichts drueber gesagt, weil ich in meinem Vortrag keine Kinderpornographie haben moechte." Die naechste befragte Person erkundigt sich nach Richtlinien, wie viel Computernutzung man seinem Kind erlauben sollte. Durner antwortet, es haenge "ganz vom Individuum ab". "Also jemandem, der mehr spielen kann und will... dem sollte man... Moment, ganz kurz. [Er trinkt ein paar Schlucke Apfelschorle] Also, mit einer zeitlichen Begrenzung ist es nicht getan. Es gibt vereinzelt irgend welche Grobrichtlinien. Ich weiss nicht, ob das jetzt hier drin ist. [Er blaettert in einer der Broschueren.] Irgendwo hab ich's gelesen, ja. Aber das ist nur so eine Grob- richtlinie. Nach der man nicht gehen kann. Wenn Sie sagen 'sechs Stunden pro Woche, hier steht es drin', wird das fuer den Jugend- lichen kein Argument sein." Eine weitere Frage: "Wie schaut's aus mit anderen Suechten? Also wenn man onlinesuechtig ist, kommt man da schnell in's Rauchen und Trinken rein?" Durner: "Also was zusammenhaengen kann, ist Nikotinsucht und PC-Sucht. Es wurde aber wenig untersucht. [...] Jemand, der intensiv in einem Klan spielt, der muss wach sein. Der muss fit sein. Also kann es sein, dass er Aufputschmittel nimmt. Aber es gibt keine Untersuchungen." Frage: "Folgendes: Ich habe frueher mal den Herrn der Ringe in einer Woche am Stueck durchgelesen. Dann haben mir die Augen gebrannt und ich war muede. Da hat aber auch keiner gesagt ich haette eine Lese- sucht. [...] Ist es nicht etwas Jugendtypisches? Isses nicht etwas Jugendtypisches auch an einer FSK zu ruetteln? Ich kann mich auch erinnern dass ich mal nachts aufgestanden bin und auch Sachen angeschaut habe, die ich nicht durfte. Ist es nicht etwas voellig Normales?" Durner aeussert, "es gehoeren noch mehrere Faktoren dazu". Meistens sei es eben der Neuigkeitsgrad eines Spieles, der fesselt. Bei World of Warcraft sei es so, dass es woechentlich, oder gar noch oefter, aktualisiert werde. "Es wird permanent aktualisiert. Das heisst das Spiel ist nie 'zu Ende'. Daher ist das natuerlich ein Faktor, der so bindet. Das heisst, der Bua kommt gar nimmer davon weg." Der naechste Fragesteller, moechte wissen, ob es Untersuchungen zum Altersspektrum von World-of-Warcraft-Spielern gebe. "Das spielen ja sicher nicht nur Jugendliche." Durner schuettelt den Kopf. "Ist mir keine Untersuchung bekannt, wie das Altersspektrum aussieht. Aber mir ist auch bekannt dass die Alters- struktur nicht rein jugendtypisch ist." [...] Es gebe Leute, "die sind hocherfolgreich. In dem Spiel. Aber in der Realitaet nicht. Weil mit 16-17 Stunden am Tag - da kann ich keinen Job erfuellen." Jemand im Publikum erwidert, dass es aber eben sehr wohl professionelle Spieler in China und Japan gebe, die damit Unmengen an Geld verdienen. Durner scheint diesen Einwand zu ignorieren und meint: "Aber das ist ein Problem, dass sich die Leute schwer verschulden. Sie haben dann nichts zu Essen. Das ist eine Krankheit." Dann wird thematisiert, dass durchaus auch "ganze Familien" gemeinsam viel Zeit vor dem PC verbringen. Durner: "Bei World of Warcraft hab ich schon gehoert, dass da die komplette Familie davor sitzt. Also zwei Eltern, zwei Kinder. Und dementsprechend dann das 'Gerangel' losgeht. Also ich weiss nicht, ob dann jeder in seinem Zimmer sitzt. Und sie zusammen Abenteuer bestehen. Aber: Es gibt auch bei erwachsenen Menschen WoW-Spieler." Naechste Frage aus dem Publikum: "Gibt es auch 'Passivspielen'? Also ich kenne eine, die setzt sich zu ihrem Freund, setzt sich daneben und schaut zu." Durner: "Hm... Passive Computersucht.. hm..." [Gelaechter im Publikum] Eine Person aus dem Publikum ergaenzt, dass auf diese Weise auch Verbote durch die Eltern umgangen werden koennen: "Wenn ich es ihm verbiete, geht er halt zum Freund, und spielt dort weiter. Oder guckt zu." Durner raet, sich in diesem Fall an die Eltern des Freundes zu wenden. "Andererseits sehen sie ja auch, wie viele Stunden das Kind bei seinem Freund verbringt. Und ich glaube, wenn man die ganze Zeit nur passiv zuschaut, dann macht das auf die Dauer keinen Spass." Eine andere Person aus dem Publikum bringt ein, dass Spiele wie World of Warcraft, bei denen man einen monatlichen Betrag bezahlen muss um spielen zu koennen, die Sucht ggf. verstaerken koennen, da man wenn man dafuer Geld bezahlen muss mehr spielt, um das Gefuehl zu haben, man bekomme was fuer den ausgegebenen Betrag: "Ich hatte einen Klassen kameraden, der ist jetzt 21. Der hat monatelang die Schule geschwaenzt, und 1000 Euro in seinen Rechner reingesteckt, um WoW zu spielen. Er konnte [dank Flatrate-Tarif] rund um die Uhr ins Internet reinschauen und WoW spielen." Durner stimmt zu: "Frueher, als man noch Minutenpreise [fuer den Internetzugang] gezahlt hat, hat man sich das mehrfach ueberlegt, ob man noch bissel rumsurft. Aehnlich ist das mit so einem Account Wenn man dafuer Geld zahlt, muss man ihn natuerlich auch nutzen." Weiterer Beitrag aus dem Publikum: "Es gibt doch andere Bereiche, wo man [als Elternteil] selber einen gewissen Hang zur Sucht zeigt. Nehmen wir als uebertriebenes Beispiel mal einen Kaninchenzuechter- verein. Wenn einem das Kind vorwirft: 'Du verbringst mehr Zeit im Kaninchenzuechterverein als bei uns.', dann ist es schwer, dem Kind Internetsucht vorzuwerfen." Durner stimmt zu, dass dies ein Problem sein kann. Der Moderator stellt nochmals die Frage, wie viele Stunden ein Kind denn nun genau im Internet sein duerfe. Durner hat daraufhin die Idee, da er schon mal einen Vortrag bzw. Workshop fuer das Lehrerkollegium veranstaltet hat, demnaechst "einen Workshop fuer Eltern an der Schule zu veranstalten. Dass wir uns in den Computerraum reinsetzen, und uns die Spiele anschauen. Um die Begeisterung nachvoll- ziehen zu koennen." Daraufhin stelle ich selbst noch einige Fragen, die ich aber leider nicht mitprotokolliert habe. Fuer viele der von mir angesprochenen Themen gab es vorab oder waehrend des Vortrages (dank Internet per UMTS) umfassende Anregungen von guten Bekannten bzw. Freunden aus dem Internet Relay Chat (von denen ich viele desoefteren auch real treffe und mich hervorragend mit ihnen verstehe), die ich aufgreife. Z.B. spreche ich an, dass intensive Computernutzung nicht automatisch dazu fuehrt, dass die realen Sozialkontakte sich verringern, sondern dass das Internet ungemeine Chancen bietet, neue Kontakte herzustellen, und zwar nicht wie bei Kontakten die im realen Leben beginnen, sehr stark oertlich beschraenkt, sondern sogar internationale Kontakte sehr einfach moeglich sind. Vor allem fuer soziale Randgruppen (jemand anders aus dem Publikum nennt hierzu z.B. homosexuelle Personen als Beispiel, ich nenne zudem noch Leute, die in der Schule oder im sonstigen Umfeld 'gemobbt' werden) sei es meiner Ansicht nach sehr viel leichter oder gar anfangs ueber- haupt nur moeglich, Kontakte 'virtuell' zu beginnen, denn auf diese Weise kann man zwangslaeufig zunaechst nicht nach 'aeusseren Faktoren' wie Aussehen oder Verhalten beurteilt werden, sondern rein nach dem, was man selber auf gedanklicher Ebene preisgibt. Daher besteht Potenzial, Kontakte zu finden, die ohne diese 'Virtualitaet' nie moeglich gewesen waeren, die dann aber eben sehr oft auch real weitergefuehrt werden. Durner stimmt zu, dass das Internet hier viele Moeglichkeiten bietet, meint aber auch, dass viele virtuelle Kontakte nicht zu realen werden, und dass es auch ein Problem darstellt, dass jeder eben nur genau das vom Gegenueber erfaehrt, was dieser selber erzaehlt. "Wenn man z.B. bei fs-location.de schaut, was die Leute so von sich schreiben, da steht so viel Muell drin..." Ich erwidere, dass man natuerlich einen guten 'Filter' braucht, um bei jeglicher Information im Internet einschaetzen zu koennen, was davon wahrscheinlich 'real' ist, und was wirklich 'Muell' und z.B. eine offensichtliche Luege ist; und hier helfen meiner Ansicht nach absolut keine automatisierten technischen Loesungen, sondern das eigene Gehirn muss die 'Filter'-Funktion uebernehmen. Und dazu ist es meiner Ansicht nach unerlaesslich, sich intensiv mit dem Medium Internet zu befassen, da man solche Urteilsfaehigkeit nur durch staendige und zeitlich ausgedehnte Auseinandersetzung damit erlernt bzw. ausbaut. Etwa um 21:45 endet die Diskussionsrunde. Durner wird gefragt, ob er "vielleicht noch ein Abschlusswort" haette, das er dem Publikum mit- geben moechte. Er ueberlegt kurz und meint: "Gar nicht. Also so was richtig Bedeutungsschwangeres: Gar nicht. Also vielen Dank." Nach einem kurzen Applaus beginnen die Zuschauer, die Schule zu verlassen. Ich unterhalte mich draussen noch mit einem vermeintlich 'virtuellen' Bekannten, den ich waehrend des Vortrags zum ersten Mal in Person sah, mit dem ich aber vorher schon intensive Gespraeche im Internet Relay Chat fuehrte, und wir uns dementsprechend auch IRL auf Anhieb gut verstanden. Meine Kevlar-Weste hat uebrigens wohl keinen all zu sehr gestoert oder beunruhigt, auch wenn ein Freund und meine Mutter vorab energisch versuchten mir diese Kleidungswahl auszureden, da "ich dann nicht serioes wirke" bzw. "die Leute Angst vor mir" haetten. Ich bin jedenfalls selbst absoluter Pazifist und verabscheue Gewalt, und trug die Weste rein aus symbolischem Selbstschutz vor ach-so-gefaehrlichen Schuelern: Als satirische Referenz auf die gaengige Polemik "Computerspiele machen Jugendliche zu Amoklaeufern". Mein eigenes Schlusswort zum Vortrag - im Gegensatz zu Herrn Durner bin ich willig, mir eines aus den Fingern zu saugen: Da es in unserer kaputten Gesellschaft absolut normal und sogar anerkannt und gewuerdigt ist, Probleme zu verdraengen statt den Ursachen auf den Grund zu gehen, neigen viele Leute dazu, den schwarzen Peter fuer soziale Probleme einfach leblosen Kisten zuzuschieben. Es ist total out, ueberhaupt nach den tiefgruendigen Wurzeln der Probleme zu suchen, geschweige denn weitreichende positive Veraenderungen unserer Gesellschaftsstruktur zu erwirken. Vor allem beim Bildungssystem in unserem Jammerland laeuft sehr viel schief. Aber es ist halt viel einfacher und kurzfristig 'gewinnbringender', vor allem fuer Demagogen, viel zu naheliegende engstirnige polemische Schuldzuweisungen zu betreiben. 'Deus ex machina' war frueher mal. 'Der Teufel im Kasten' ist 'in'.